Schilfrohr
Schilfrohr Phragmites australis ist eine weltweit verbreitete Sumpfpflanze mit hoher ökologischer Bedeutung und traditioneller Nutzung. Dieser Artikel beleuchtet die Pflanze aus Sicht der instinktiven Rohkost.
Wissenschaftliche Namen: Phragmites australis
Synonyme: Großes Schilfrohr, Gewöhnliches Schilf, Rohrkolben-Schilf, Reet, Phragmites communis
Systematik
- Abteilung: Samenpflanzen Spermatophyta
- Unterabteilung: Bedecktsamer Spermatophytina syn. Angiosperma
- Klasse: Einkeimblättrige Liliopsida
- Unterklasse: Commelinähnliche oder Commeliniden Commelinidae
- Ordnung: Süßgrasartige Poales
- Familie: Süßgräser Poaceae
- Gattung: Schilfrohre Phragmites
- Art: Schilfrohr
Die Art ist sehr formenreich, eine Unterscheidung in klar umgrenzte Unterarten ist nicht möglich.
Beschreibung
- Herkunft und Verbreitung: Phragmites australis ist in gemäßigten und tropischen Klimazonen weltweit verbreitet. Es wächst an Ufern, in Flachmooren, Feuchtwiesen, Gräben und Röhrichten. Oft bildet es dominante Bestände.
- Kennzeichen: Bis zu vier Meter hohes, ausdauerndes Gras; Halm unten einen halben bis eineinhalb Zentimeter dick, steif aufrecht; Blattspreite ein bis drei Zentimeter breit, graugrün; Rispe zwanzig bis vierzig Zentimeter lang, aufrecht oder schwach überhängend, Ährchen ein bis eineinhalb Zentimeter lang, drei- bis achtblütig, bräunlich-violett oder hellbraun, Blütezeit: Juli bis September.
Rohkosttipps und Erfahrungen
Sammelgut und Sammelzeit: Wurzeln und Samen im Herbst, junge Triebe im Frühjahr.
Von den jungen Trieben schält man die äußeren Blätter ab und erhält so ein helles, mild schmeckendes Gemüse. Ritzt man junge Stängel an, sammelt sich an dieser Stelle über Nacht eine kohlenhydrathaltige Sirupkugel, die sehr süß schmeckt.
Lagerung/Haltbarkeit: Frisch, unverarbeitet nur kurz haltbar. Rhizome können getrocknet werden.
Nährstoffe
Nährstoff | Gehalt in Gramm pro 100 g essbarem Anteil |
---|---|
Wasser | 78,0 |
Kohlenhydrate | 17,0 |
Eiweiße | 2,1 |
Fette | 0,3 |
Rohfasern | 2,8 |
Mineralstoffe | 1,2 |
Vitamin C | 8–12 mg |
Besondere Inhaltsstoffe
- Polysaccharide (v. a. Stärke und Zucker): Energielieferant, vor allem in Rhizomen
- Mineralien (v. a. Kalium und Silizium): Unterstützen den Wasserhaushalt und die Bindegewebsstruktur
- Phenolische Verbindungen: Antioxidative Eigenschaften (in Spuren)
Wissenswertes
- Namensgebung: Das Wort "Schilf" stammt aus dem Althochdeutschen "scilvia" und bedeutet "Rohrpflanze". Der Gattungsname "Phragmites" kommt vom Griechischen "phragma" = Zaun oder Hecke – ein Hinweis auf die dichte, undurchdringliche Wuchsweise. Der Artname "australis" bedeutet "südlich" – ursprünglich, weil die Pflanze in südlichen Ländern Europas besonders auffällig vorkommt.
- Heilkunde: Die Wirkung wird als schmerzlindernd, harntreibend und fiebersenkend beschrieben.
In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ist Schilfrohr ("Lugen") ein geschätztes Mittel gegen Fieber, Husten und Magenübersäuerung. Es gilt als kühlend, schleimlösend und fiebersenkend. Auch in der europäischen Klostermedizin wurde das ausgekochte Rhizom zur Linderung bei Magen-Darm-Beschwerden und Harnwegsreizungen eingesetzt. In der Volksmedizin wurden frische Halmbasen bei Insektenstichen aufgelegt.
- Nutzpflanze: Das Schilfrohr ist eine der ältesten vom Menschen genutzten Pflanzen:
- Als Baumaterial: Reetdächer, Matten, Flechtwerk
- In der Wasserwirtschaft: zur biologischen Klärung in Pflanzenkläranlagen
- In der Landwirtschaft: als Stallstreu oder Dämmstoff
- In der Nahrungstradition indigener Völker: süße Rhizome als Notnahrung oder zum Eindicken von Suppen
Darüber hinaus dient es Vögeln und Amphibien als Lebensraum und spielt eine entscheidende Rolle für das ökologische Gleichgewicht von Feuchtgebieten.
- Mythos und Geschichte: Im Alten Ägypten war Schilfrohr ein Symbol der Fruchtbarkeit – die "Schilfgöttin" Wadjet wurde in den Marschlanden verehrt. Auch das erste Papier (Papyrus) wurde aus einer schilfartigen Pflanze gefertigt. In der biblischen Geschichte wurde Moses in einem Schilfkorb ausgesetzt. In vielen Kulturen galt das Röhricht als Übergangsbereich zwischen Welten: Wasser und Land, Leben und Tod, Bewusstsein und Traum. Schilfrohr wurde zu Pfeifen, Flöten und Schreibfedern verarbeitet – immer mit einer Verbindung zur Stimme, zum Klang, zur Inspiration.
- Magie und Brauchtum: In keltischen und slawischen Traditionen war das Schilfrohr eine Pflanze des Wassergeistes und der Weiblichkeit. Es wurde mit Mondzyklen, Träumen und intuitiver Führung assoziiert. Schilfrohr galt als "sprechende Pflanze" – es flüstert im Wind, es pfeift in Böen, es erzählt Geschichten. Manche Räuchertraditionen nutzten getrocknetes Schilf zum Reinigen von Räumen oder als Träger für Gebete.
- Symbolik und spirituelle Deutung: Das Schilfrohr spricht das Sakralchakra (Svadhisthana) an – es symbolisiert Flexibilität, Lebensfluss und Anpassungsfähigkeit. Es wächst im Wasser, biegt sich mit dem Wind, ohne zu brechen. Es erinnert an unsere Verbindung zum Urelement Wasser, zur Bewegung des Lebens, zum Atem der Natur.
→ Siehe auch: Instinktive Ernährung, Die instinktive Sperre