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Wissenschaftliche Namen: ''Stachy palustris''<br> | '''Sumpf-Ziest''' ''Stachys palustris'' ist eine ausdauernde, stark ausläuferbildende Lippenblütler-Staude feuchter Wiesen und Ufer, die an den Stolonen knackige, essbare Speicherknöllchen bildet. Das Kraut riecht beim Zerreiben markant „ziest-artig“, die Blüten sind rosaviolett. Dieser Artikel beleuchtet die Pflanze aus Sicht der Rohkost. | ||
Synonyme: Schweinerübe. | |||
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'''Synonyme:''' Sumpf-Wundkraut, Schweinerübe. | |||
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*Familie: | *Familie: Lippenblütengewächse ''Lamiaceae'' | ||
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===Beschreibung=== | ===Beschreibung=== | ||
*'''Vorkommen:''' Europa, außer im Mittelmeerraum, Westasien, Nordafrika; bis 1200 Meter. | |||
*'''Standorte:''' Gräben, Weg- und Ackerränder, Ufer, lichte Nassstellen in Wäldern; bevorzugt feuchte Gebiete mit stickstoffsalzreichen Lehm- oder Tonböden. | |||
Kennzeichen: Dreißig bis einhundert Zentimeter große, ausdauernde krautige Pflanze; Stängel aufsteigend bis aufrecht, einfach oder spärlich verzweigt, vierkantig, kurz behaart, auf den Kanten etwas längerhaarig; Blätter gegenständig. mit herzförmigen Grund sitzend, drei bis zwölf Zentimeter lang und ein bis drei Zentimeter breit, am Rand gezähnt, auf der Oberseite schütter behaart, auf der Unterseite dicht kurzhaarig; sechs Blüten in quirlartigen Teilblütenständen, Kelch acht bis zehn Millimeter lang, auf 2/3 seiner Länge im fünf dreieckige kurzgrannig spitze Zähne geteilt, kurz behaart, Krone fünfzehn bis achtzehn Millimeter lang, tiefrosa bis hell pupurviolett, Oberlippe flach helmförmig, Unterlippe dreiteilig; Rhizom mit unterirdisch, walzenförmig angeschwollenen Ausläufern. | *'''Kennzeichen:''' Dreißig bis einhundert Zentimeter große, ausdauernde krautige Pflanze; Stängel aufsteigend bis aufrecht, einfach oder spärlich verzweigt, vierkantig, kurz behaart, auf den Kanten etwas längerhaarig; Blätter gegenständig. mit herzförmigen Grund sitzend, drei bis zwölf Zentimeter lang und ein bis drei Zentimeter breit, am Rand gezähnt, auf der Oberseite schütter behaart, auf der Unterseite dicht kurzhaarig; sechs Blüten in quirlartigen Teilblütenständen, Kelch acht bis zehn Millimeter lang, auf 2/3 seiner Länge im fünf dreieckige kurzgrannig spitze Zähne geteilt, kurz behaart, Krone fünfzehn bis achtzehn Millimeter lang, tiefrosa bis hell pupurviolett, Oberlippe flach helmförmig, Unterlippe dreiteilig; Rhizom mit unterirdisch, walzenförmig angeschwollenen Ausläufern. | ||
Verwechslung: | *'''Verwechslung:''' Möglich mit: | ||
**[[Ziest, Wald-|Wald-Ziest]] ''Stachys sylvatica'': dunkler purpur, sehr strenger Geruch, keine ausgeprägten Knöllchen; eher trocken-schattig. | |||
**[[Ziest, echter|Echter Ziest]] ''Stachys officinalis'': auf Wiesen, purpur blühend, grundständige Rosettenblätter; ohne Knöllchen. | |||
**Taubnesseln (Lamium spp.)/Günsel (Ajuga spp.): ähnliche Lippenblüten, aber andere Blattstellung/Wuchsformen. | |||
:→ Leitmerkmale von ''S. palustris'': feuchte Standorte, rosaviolette Scheinquirle, spindlig-knollige Stolonenenden. | |||
===Rohkosttipps und Erfahrungen=== | ===Rohkosttipps und Erfahrungen=== | ||
Sammelgut und Sammelzeit: Junge Triebe und Blätter von April bis August | '''Sammelgut und Sammelzeit:''' Junge Triebe und Blätter von April bis August; Wurzelknollen von September bis in den Winter. | ||
Die unterirdischen Knöllchen (Stolonenenden) sind knackig, saftig, mild-nussig mit Anklängen an [[Wasserkastanie]] bzw. [[Topinambur]], oft etwas erdig. Junge Blätter/Triebspitzen sind leicht bitter, Blüten zart würzig. | |||
'''Kultur im eigenen Garten:''' Der Sumpf-Ziest ist eine beliebte Staudenpflanze für Gartenteiche und in Gartenmärkten erhältlich. | |||
===Besondere Inhaltsstoffe=== | |||
*'''Kohlenhydratprofil der Knöllchen:''' Stärke plus Anteile an Raffinose-Familie-Oligosacchariden (RFO, z. B. Stachyose/Raffinose) → präbiotisch, in größeren Rohmengen blähend. | |||
*'''Phenolsäuren & Flavonoide''' (u. a. Chlorogensäure-/Kaffeesäure-Derivate, Quercetin-Glykoside) – antioxidativ. | |||
*'''Iridoidglykoside''' (z. B. Harpagid-/Aucubin-Typen) im Kraut – leicht bitter, traditionell „tonisch“. | |||
*'''Gerbstoffe''' (Tannine) – erklären die Adstringenz des Laubs. | |||
*'''Mineralstoffe''' (v. a. Kalium, ferner Calcium/Magnesium). | |||
===Wissenswertes=== | ===Wissenswertes=== | ||
Namensgebung: Der Gattungsname ''Stachys'' stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Ähre" und deutet damit auf die Form des Blütenstandes hin. Die Speicherknollen werden gerne von Schweinen gefressen, daher der Volksname "Schweinsrübe". | *'''Namensgebung:''' Der Gattungsname ''Stachys'' stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Ähre" und deutet damit auf die Form des Blütenstandes hin. Der Artname ''palustris'' bedeutet „der Sümpfe/Feuchtstellen“ – ein klarer Hinweis auf den Lebensraum. Die Speicherknollen werden gerne von Schweinen gefressen, daher der Volksname "Schweinsrübe". | ||
*'''Heilkunde:''' Die Wirkung wird als krampflösend und harntreibend beschrieben.<br>Wie andere „Wundkräuter“ wurde der Sumpf-Ziest äußerlich (Auflagen/Waschungen) bei kleineren Wunden und Schürfungen genutzt; außerdem als gurgelnder Kräuteraufguss bei leichten Rachenreizungen erwähnt. | |||
*'''Nutzpflanze:''' Die knollig verdickten Wurzelausläufer wurden in manchen Gegenden zu Nahrungszwecken genutzt. Wertvolle Bienen- und Schwebfliegenpflanze; die Lippenblüten liefern Nektar/Pollen. Die ausläuferreiche Art festigt Ufer und besiedelt nasse Rohböden – interessant für Naturschutz-/Restaurationsflächen. | |||
*'''Mythos und Geschichte:''' „Woundwort“ ist im englischen Volksnamen erhalten; in Feld- und Klostergärten zählte Ziest zu den „Wundkräutern“ des Alltags. In volkskundlichen Berichten aus Feuchtgebieten werden die Winterknöllchen als „Arme-Leute-Leckerbissen“ erwähnt – frisch aus der nassen Wiese gezogen, gereinigt und roh geknabbert. | |||
*'''Magie und Brauchtum:''' Als Feuchtlandschafts-Heilzeichen fand der Sumpf-Ziest Eingang in Kräuterbuschen (Mariä Himmelfahrt) – Symbol für Heilung und Lebenskraft im Wasser. Die perlschnurigen Knöllchen galten regional als Glücksspiralen, die Wohlstand „anlocken“ sollen, wenn sie am Jahreswechsel auf den Tisch kamen. | |||
*'''Symbolik und spirituelle Deutung:''' Der Sumpf-Ziest steht für Regeneration, Anpassung und stille Fülle. Er wurzelt in nassem, schwerem Grund und bringt dennoch zart-knackige Knöllchen hervor – ein Bild für Widerstandskraft und Leichtigkeit trotz Tiefe. Die rosavioletten Blüten signalisieren Zartheit und Anziehung. | |||
→ Siehe auch: [[Instinktive Ernährung]], [[Die instinktive Sperre]] | |||
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Aktuelle Version vom 18. August 2025, 15:04 Uhr
Sumpf-Ziest Stachys palustris ist eine ausdauernde, stark ausläuferbildende Lippenblütler-Staude feuchter Wiesen und Ufer, die an den Stolonen knackige, essbare Speicherknöllchen bildet. Das Kraut riecht beim Zerreiben markant „ziest-artig“, die Blüten sind rosaviolett. Dieser Artikel beleuchtet die Pflanze aus Sicht der Rohkost.
Wissenschaftliche Namen: Stachy palustris
Synonyme: Sumpf-Wundkraut, Schweinerübe.
Systematik
- Abteilung: Samenpflanzen Spermatophyta
- Unterabteilung: Bedecktsamer Spermatophytina syn. Angiosperma
- Klasse: Zweikeimblättrige Bedecktsamer Rosopsida syn. Dikotyledona
- Unterklasse: Asternähnliche Asteridae
- Ordnung: Lippenblütlerartige Lamiales
- Familie: Lippenblütengewächse Lamiaceae
- Unterfamilie: Lamioideae
- Gattung: Ziest Stachys syn. Betonica
- Art: Sumpf-Ziest
Zur Gattung Ziest gehören ca. 300 Arten. Weitere Vertreter sind:
- Knollen-Ziest Stachys affinis
- Gelber Ziest, Gelb-Betonie, Fuchsschwanz-Ziest Stachys alopecuros
- Einjähriger Ziest Stachys annua, syn. Betonica annua
- Deutscher Ziest Stachys germanica
- Echter Ziest, Heilziest, Echte Betonie Stachys officinalis syn. Betonica officinalis
- Aufrechter Ziest Stachys recta
- Wald-Ziest Stachys sylvatica
Beschreibung
- Vorkommen: Europa, außer im Mittelmeerraum, Westasien, Nordafrika; bis 1200 Meter.
- Standorte: Gräben, Weg- und Ackerränder, Ufer, lichte Nassstellen in Wäldern; bevorzugt feuchte Gebiete mit stickstoffsalzreichen Lehm- oder Tonböden.
- Kennzeichen: Dreißig bis einhundert Zentimeter große, ausdauernde krautige Pflanze; Stängel aufsteigend bis aufrecht, einfach oder spärlich verzweigt, vierkantig, kurz behaart, auf den Kanten etwas längerhaarig; Blätter gegenständig. mit herzförmigen Grund sitzend, drei bis zwölf Zentimeter lang und ein bis drei Zentimeter breit, am Rand gezähnt, auf der Oberseite schütter behaart, auf der Unterseite dicht kurzhaarig; sechs Blüten in quirlartigen Teilblütenständen, Kelch acht bis zehn Millimeter lang, auf 2/3 seiner Länge im fünf dreieckige kurzgrannig spitze Zähne geteilt, kurz behaart, Krone fünfzehn bis achtzehn Millimeter lang, tiefrosa bis hell pupurviolett, Oberlippe flach helmförmig, Unterlippe dreiteilig; Rhizom mit unterirdisch, walzenförmig angeschwollenen Ausläufern.
- Verwechslung: Möglich mit:
- Wald-Ziest Stachys sylvatica: dunkler purpur, sehr strenger Geruch, keine ausgeprägten Knöllchen; eher trocken-schattig.
- Echter Ziest Stachys officinalis: auf Wiesen, purpur blühend, grundständige Rosettenblätter; ohne Knöllchen.
- Taubnesseln (Lamium spp.)/Günsel (Ajuga spp.): ähnliche Lippenblüten, aber andere Blattstellung/Wuchsformen.
- → Leitmerkmale von S. palustris: feuchte Standorte, rosaviolette Scheinquirle, spindlig-knollige Stolonenenden.
Rohkosttipps und Erfahrungen
Sammelgut und Sammelzeit: Junge Triebe und Blätter von April bis August; Wurzelknollen von September bis in den Winter.
Die unterirdischen Knöllchen (Stolonenenden) sind knackig, saftig, mild-nussig mit Anklängen an Wasserkastanie bzw. Topinambur, oft etwas erdig. Junge Blätter/Triebspitzen sind leicht bitter, Blüten zart würzig.
Kultur im eigenen Garten: Der Sumpf-Ziest ist eine beliebte Staudenpflanze für Gartenteiche und in Gartenmärkten erhältlich.
Besondere Inhaltsstoffe
- Kohlenhydratprofil der Knöllchen: Stärke plus Anteile an Raffinose-Familie-Oligosacchariden (RFO, z. B. Stachyose/Raffinose) → präbiotisch, in größeren Rohmengen blähend.
- Phenolsäuren & Flavonoide (u. a. Chlorogensäure-/Kaffeesäure-Derivate, Quercetin-Glykoside) – antioxidativ.
- Iridoidglykoside (z. B. Harpagid-/Aucubin-Typen) im Kraut – leicht bitter, traditionell „tonisch“.
- Gerbstoffe (Tannine) – erklären die Adstringenz des Laubs.
- Mineralstoffe (v. a. Kalium, ferner Calcium/Magnesium).
Wissenswertes
- Namensgebung: Der Gattungsname Stachys stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Ähre" und deutet damit auf die Form des Blütenstandes hin. Der Artname palustris bedeutet „der Sümpfe/Feuchtstellen“ – ein klarer Hinweis auf den Lebensraum. Die Speicherknollen werden gerne von Schweinen gefressen, daher der Volksname "Schweinsrübe".
- Heilkunde: Die Wirkung wird als krampflösend und harntreibend beschrieben.
Wie andere „Wundkräuter“ wurde der Sumpf-Ziest äußerlich (Auflagen/Waschungen) bei kleineren Wunden und Schürfungen genutzt; außerdem als gurgelnder Kräuteraufguss bei leichten Rachenreizungen erwähnt.
- Nutzpflanze: Die knollig verdickten Wurzelausläufer wurden in manchen Gegenden zu Nahrungszwecken genutzt. Wertvolle Bienen- und Schwebfliegenpflanze; die Lippenblüten liefern Nektar/Pollen. Die ausläuferreiche Art festigt Ufer und besiedelt nasse Rohböden – interessant für Naturschutz-/Restaurationsflächen.
- Mythos und Geschichte: „Woundwort“ ist im englischen Volksnamen erhalten; in Feld- und Klostergärten zählte Ziest zu den „Wundkräutern“ des Alltags. In volkskundlichen Berichten aus Feuchtgebieten werden die Winterknöllchen als „Arme-Leute-Leckerbissen“ erwähnt – frisch aus der nassen Wiese gezogen, gereinigt und roh geknabbert.
- Magie und Brauchtum: Als Feuchtlandschafts-Heilzeichen fand der Sumpf-Ziest Eingang in Kräuterbuschen (Mariä Himmelfahrt) – Symbol für Heilung und Lebenskraft im Wasser. Die perlschnurigen Knöllchen galten regional als Glücksspiralen, die Wohlstand „anlocken“ sollen, wenn sie am Jahreswechsel auf den Tisch kamen.
- Symbolik und spirituelle Deutung: Der Sumpf-Ziest steht für Regeneration, Anpassung und stille Fülle. Er wurzelt in nassem, schwerem Grund und bringt dennoch zart-knackige Knöllchen hervor – ein Bild für Widerstandskraft und Leichtigkeit trotz Tiefe. Die rosavioletten Blüten signalisieren Zartheit und Anziehung.
→ Siehe auch: Instinktive Ernährung, Die instinktive Sperre