Gänsefüße
Gänsefüße (Chenopodium spp.) sind eine artenreiche Gattung von Wildkräutern mit mehligen Blättern und unscheinbaren Blüten, die weltweit auf nährstoffreichen Böden vorkommen. Mehrere Arten wie Weißer Gänsefuß (Chenopodium album) oder Grüner Gänsefuß (Chenopodium viride) sind essbar und wurden traditionell als Wildgemüse genutzt. Dieser Artikel beleuchtet die Pflanzengattung aus Sicht der instinktiven Rohkost.
Wissenschaftlicher Name: Chenopodium' spp.
Synonyme: Gänsefuß, Melde, Mehlkraut.
Systematik
- Abteilung: Samenpflanzen Spermatophyta
- Unterabteilung: Bedecktsamer Spermatophytina syn. Angiosperma
- Klasse: Zweikeimblättrige Bedecktsamer Rosopsida syn. Dikotyledona
- Unterklasse: Nelkenartige Caryophyllidae
- Ordnung: Nelkenartige Caryophyllales
- Familie: Fuchsschwanzgewächse Amaranthaceae (ehemals Chenopodiaceae)
- Gattung: Chenopodium
Die Gattung Chenopodium umfasst über 100 Arten, vorwiegend in den gemäßigten Zonen. Viele davon sind essbar oder wurden historisch als Wildgemüse genutzt. In Deutschland kommen ca. zwanzig weitere Arten beständig vor.
Beschreibung
Gänsefuß-Arten sind meist einjährige, krautige Pflanzen mit aufrechtem oder buschigem Wuchs. Die Blätter sind je nach Art ganzrandig, gezähnt oder fiederspaltig. Typisch sind der mehlige oder silbrige Belag auf jungen Pflanzenteilen, unscheinbare grüne Blüten in Ähren oder Rispen und kleine, rundliche Samen.
Rohkosttipps und Erfahrungen
Viele Chenopodium-Arten sind hervorragend für den Rohverzehr geeignet, besonders die jungen Blätter und Triebspitzen. Sie schmecken mild bis leicht nussig oder spinatähnlich. Besonders beliebt ist Chenopodium album wegen seines zarten Blattwerks. Ältere Blätter enthalten mehr Oxalsäure und sollten nur in kleinen Mengen gegessen werden.
Samen sind bei einigen Arten ebenfalls essbar, sollten jedoch wegen enthaltener Saponine nur in kleinen Mengen roh gegessen werden.
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die wichtigsten, in Deutschland vorkommenden Arten, ihre Erkennungsmerkmale und ihre Verwendungsmöglichkeiten in der Rohkost und Wildpflanzenküche.
Art | Deutscher Name | Merkmale | Verwendung |
---|---|---|---|
Chenopodium album | Weißer Gänsefuß | Mehlige Blattunterseite, variable Blattform, 30–150 cm | Jung roh essbar, sehr nährstoffreich; auch Samen essbar |
Chenopodium botrys | Traubiger Gänsefuß | Stark aromatisch (balsamisch), fein fiederschnittige Blätter | Würziges Wildkraut, roh oder getrocknet als Gewürz |
Chenopodium hybridum | Bastard-Gänsefuß | Rötlicher Stängel, gezähnte Blätter, kräftiger Wuchs | Jung essbar, leicht bitterer Geschmack |
Chenopodium murale | Mauergänsefuß | Klein, oft rötlich, dicht beblättert, violette Sprosse | Essbar, jedoch wenig aromatisch |
Chenopodium chenopodioides | Gemeiner Salz-Gänsefuß | Salztolerant, sukkulent wirkend, niedriger Wuchs | Essbar, salziger Geschmack |
Chenopodium vulvaria | Stinkender Gänsefuß | Silbrige Behaarung, starker Geruch (fischig) | Früher medizinisch verwendet, kaum roh genutzt |
Chenopodium opulifolium | Blasen-Gänsefuß | Aufgeblasene Blütenhülle, weich behaart | Jung essbar, regional verwendet |
Chenopodium strictum | Steifer Gänsefuß | Aufrecht, wenig verzweigt, kleine Blätter | Essbar, aber eher herb |
Chenopodium urbicum | Städtischer Gänsefuß | Große Blätter, teils gezähnt, kräftiger Wuchs | Essbar, ähnlich wie C. album |
Chenopodium suecicum | Schwedischer Gänsefuß | Ähnlich C. album, aber kleiner und gedrungener | Jung essbar |
Chenopodium ficifolium | Feigenblättriger Gänsefuß | Blätter tief fiederspaltig, auffällig geformt | Essbar, mild im Geschmack |
Chenopodium rubrum | Roter Gänsefuß | Rötlich gefärbt, eher niedrig, salztolerant | Vereinzelt essbar, leicht salzig |
Chenopodium pedunculare | Langstieliger Gänsefuß | Lang gestielte Blütenstände, graziler Wuchs | Essbar, mild |
Chenopodium berlandieri | Berlandiers Gänsefuß | Aus Nordamerika, teilweise eingebürgert | Essbar, nahe verwandt mit Quinoa |
Chenopodium quinoa | Quinoa | Südamerikanische Kulturpflanze, hoher Samenwert | Samen essbar (gekocht); Blätter jung roh möglich |
Chenopodium formosanum | Formosa-Gänsefuß | Exotisch, kleinwüchsig, teilweise verwildert | Essbar, eher selten in Europa |
Chenopodium hircinum | Ziegen-Gänsefuß | Starker Geruch, kräftige Pflanze | Eingeschränkt essbar |
Chenopodium hians | Spalt-Gänsefuß | Rissige Blätter, kleiner Wuchs | Essbar, wenig dokumentiert |
Chenopodium glaucum | Graugrüner Gänsefuß | Graugrüne Farbe, schmalblättrig | Essbar, salztolerant |
Chenopodium pamiricum | Pamir-Gänsefuß | Selten, trockenheitsliebend, gedrungen | Essbar, Spezialstandorte |
Besondere Inhaltsstoffe
Die Gattung enthält zahlreiche bioaktive Stoffe, die zu ihrer heilkundlichen und ernährungsphysiologischen Bedeutung beitragen:
- Beta-Carotin (Provitamin A): wichtig für Haut, Sehkraft und Zellschutz
- Flavonoide (z. B. Quercetin): antioxidativ, zellschützend
- Saponine: immunmodulierend, schleimlösend – bei empfindlichen Personen reizend
- Oxalsäure (v. a. in älteren Blättern): kann Kalzium binden – maßvoller Verzehr empfohlen
- Stigmasterol (Phytosterin): strukturell hormonähnlich; kann Wechseljahrsbeschwerden lindern
Wissenswertes
- Namensgebung: „Chenopodium“ bedeutet „Gänsefuß“ (griech. chen = Gans, pous = Fuß) – eine Anspielung auf die Blattform vieler Arten. Der Name „Melde“ ist germanischen Ursprungs und war früher gängig für zahlreiche Wild- und Gartenformen.
- Heilkunde: Viele Arten wurden traditionell als blutreinigende Frühjahrskräuter, bei Verdauungsbeschwerden oder zur Stärkung nach Krankheiten genutzt. Der Gute Heinrich galt im Mittelalter als „Wurmkraut“ und wurde auch äußerlich bei Hautproblemen angewendet.
- Nutzpflanze: Neben dem Weißen Gänsefuß war vor allem der Gute Heinrich ein beliebtes Wildgemüse. Heute wird vor allem Quinoa Chenopodium quinoa als proteinreiche Getreidealternative kultiviert. Wildarten können saisonal als Rohkost-Zutat und Spinat-Ersatz genutzt werden.
- Mythos und Geschichte: Bereits in der Jungsteinzeit wurden Chenopodium-Samen als Nahrungsmittel gesammelt. Im Mittelalter waren Melden und Gänsefüße feste Bestandteile der bäuerlichen Ernährung. Ihre Robustheit galt als Symbol für Kraft aus dem Einfachen.
- Magie und Brauchtum: Der Gute Heinrich wurde in einigen Regionen als Schutzpflanze für Stall und Haus angesehen. In der Volksmagie galt Chenopodium als Fruchtbarkeits- und Übergangspflanze, die das Alte loslöst und das Neue vorbereitet.
- Symbolik und spirituelle Deutung: Die Gänsefuß-Arten stehen für Nährende Widerstandskraft, Anpassung und innere Sammlung. Sie gedeihen selbst auf kargen Böden und sind unaufdringlich wertvoll. Als Spiegelpflanzen helfen sie, das Verborgene zu erkennen, sich zu erden und das Eigene zu nähren, ohne laut zu werden.