Brennessel, große
Wissenschaftliche Namen: Urticaria dioica
Synonyme: Donnernettl, Dudelkolbe, Eselskraut, Scharfnessel, Feuerkraut, Gichtrute, Große Neddeln, Haarnessel, Habernessel, Hanfnessel, Saunessel, Senznessel, Tausendnessel, Tissel, Zingel.
Systematik
- Abteilung: Samenpflanzen Spermatophyta
- Unterabteilung: Bedecktsamer Spermatophytina syn. Angiosperma
- Klasse: Zweikeimblättrige Bedecktsamer Rosopsida syn. Dikotyledona
- Unterklasse: Rosenähnliche Rosidae
- Ordnung: Rosenartige Rosales
- Familie: Brennesselgewächse Urticaceae
- Gattung: Brennesseln Urtica
- Art: Große Brennessel
Beschreibung
Blütezeit: Juni bis Oktober
Vorkommen: Europa und Nordamerika, eingeschleppt in Südamerika, Afrika und Ostasien, bis über 3000m; Gebüsche, Gräben, Hecken, Ödland, Wegränder, in Gärten; sehr häufig; stickstoffliebend.
Kennzeichen: Fünfzig bis einhundertfünfzig Zentimeter große, mehrjährige krautige Pflanze; Stängel aufrecht, vierkantig, unverzweigt mit Brenn- und Borstenhaaren; Blätter gegenständig, gestielt, eiförmig-länglich, lang zugespitzt, gesägt, behaart, z.T. mit Brennhaaren, mit Nebenblättern; Blüten blattachselständig, grünlich, in rispigen Blütenständen, mit vier Blütenhüllblättern; eingeschlechtlich; männliche Blütenrispen gelblichgrün, schräg nach oben gerichtet, weibliche blaugrün, nach der Befruchtung hängend; Samen klein, unreif grün, später bräunlich.
Verwechslung: Mit der kleinen Brennessel, die genauso zu verwenden ist.
Rohkosttipps und Erfahrungen
Sammelzeit: junge Triebe April bis Juni, Blätter April bis Oktober, Samen Juli bis August.
Keine Angst beim Pflücken vor den Brennhaaren. Es wird immer wieder festgestellt, dass die Brennessel durchaus nichts dagegen hat, wenn man ihr einzelne Blätter bei Bedarf wegnimmt. Dann brennt sie auch nicht, nicht an den Fingern und nicht im Mund. Es fängt an zu brennen, wenn man genug hat, dann sollte man aber aufhören. Schließlich muss die Pflanze, die wegen ihres Nähstoffreichtums sonst leichte Beute für Mensch und Tier wäre, sich irgendwie verteidigen. Wenn die Finger schon jucken oder wenn es gar zur Quaddelbildung gekommen ist, einfach den Saft von zerriebenem Spitzwegerich draufgeben. In kurzer Zeit sind Juckreiz und Quaddeln verschwunden.
Viele essen nur die Blätter und Triebspitzen, aber auch die winzigen Samen haben es in sich. Sie schmecken und knacken im Mund wie Sesam, sind außerdem sehr vitamin- und mineralstoffreich. Man kann sie trocken sogar für den Winter aufbewahren. Die Rispen mit den Samen werden dazu abgeschnitten und können durch leichtes Reiben von den Stängelchen gestreift werden.
Ein Tipp aus einem Kräuterbuch, der für leicht frierende Menschen, zu denen auch immer wieder mal Rohköstler gehören, interessant ist: Gegen kalte Füße hilft eine Einlage von frischen oder getrockneten Nesselblättern in die Schuhe.
Kultur im eigenen Garten: Brennesseln lassen sich problemlos ansiedeln. Es ist von Vorteil, im Garten verschiedene Brennesselstellen zu haben. Dann kann man nämlich eine zu Ernten benutzen, das heißt die Triebe immer kurz halten, damit man immer wieder junge Triebe hat. Eine andere, bei der man es zur Samenbildung kommen lässt und eine als Babystube für Schmetterlinge.
Die Pflanzen werden im biologischen Gartenbau vielfältig eingesetzt: Der 24h-Kaltwasserauszug ist ein Pflanzenstärkungsmittel. Die Jauche hat eine hervorragende Düngewirkung. Brenneseln eignen sich auch gut zum Mulchen. Brennesselmulch setzt sich rasch in Humus um und liefert anderen Pflanzen wichtige Nährstoffe.
Nährstoffe
Blatt:
Nährstoff | Gehalt in Gramm pro 100g essbarem Anteil |
---|---|
Wasser | 83,3 |
Kohlenhydrate | 1,31 |
Eiweiße | 7,37 |
Fette | 0,61 |
Rohfasern | 3,11 |
Mineralstoffe | 2,26 |
Geschichte und Mythen
Namensgebung: Der deutsche Name "Nessel" stammt vom mittelhochdeutschen Wort „nezzel“ beziehungsweise althochdeutschen „nezzila“ ab. Es bedeutet knüpfen, nähen, spinnen oder weben: Früher wurden Nesselfasern zu Fäden gesponnen und aus diesen Stoffe gewebt. Der lateinische Name Urtica leitet sich vom lateinischen urere = brennen ab.
Heilkunde: Brennesselblätter und -kraut gehören zu den meistverwendeten Arzneidrogen überhaupt. Besonders bekannt ist die Brennessel zur Verwendung als Blutreinigungsmittel im Frühjahr. Sie wird außerdem angewandt bei Rheumatismus, juckenden Hautausschlägen, Blutarmut und Erschöpfungszuständen, Gallen- und Leberleiden, Hämmorhiden, Verschleimung der Atmungsoragne und Haarausfall. Sie hat auch eine fördernde Wirkung auf die Milchbildung.
In alten Kräuterbüchern wird auch das Schlagen mit dem Kraut beschrieben, die "Urtikation". Das Peitschen des Rückens erzeugt dabei ein mehrstündiges Wärmegefühl und sollte gegen Ischiasbeschwerden und Hexenschuss helfen. In neuerer Zeit wurde eine Wirkung auf gutartige Prostatatumore festgestellt und dahingehend eingesetzt. Verwendet werden hierbei vor allem die Wurzeln, bzw. Extrakte daraus.
Mythos/ Geschichte: In "Die wilden Schwäne" von Hans Christian Andersen muss die Königin sieben Nesselhemden fertigen, um ihre Brüder zu erlösen.
Magie/ Brauchtum: Geschlecht: maskulin; Planet: Mars; Element: Feuer; Gottheit: Thor; Magische Kräfte: Austreibung, Schutz, Heilung, Lust.
Im Mittelalter legte man sie zur Prognose in den Harn eines Kranken: Blieb sie Tag und Nacht grün, war dies ein Zeichen baldiger Genesung, schrumpfte sie dagegen, war alle Hoffnung verloren. Auf die Brennessel lassen sich Fieber und andere "brennende" Krankheiten übertragen. Sie erzeugt brennende Liebe und schützt vor Blitzschlag und Raupen.
In dem Buch "Medizin der Erde" von Susanne Fischer-Rizzi sind folgende Zeilen zu lesen:
Die Brennessel: Als ob sie es von Anfang an gewusst hätte, dass der Mensch um sich herum so viel zerstören wird, als ob sie einen geheimen Auftrag erhalten hätte: "Halte dich an die Menschen, folge ihnen auf Schritt und Tritt, ordne, heile, aber hüte dich vor ihnen, denn wenn sie einmal deine große Nützlichkeit erkannt haben, könnten sie dich in ihrer Gier ausrotten." Und bis jetzt hat es geklappt, sie hat sich standhaft gegen ihre Ausrottung gewehrt, trotz ihrer Nützlichkeit.