Oxalsäure
Oxalsäure ist eine in vielen Pflanzen natürlich vorkommende organische Verbindung, die sowohl ernährungsphysiologisch als auch rohköstlich von Bedeutung ist. Dieser Artikel beleuchtet Ursprung, Stoffwechsel, mögliche Risiken sowie Empfehlungen für die Rohkosternährung.
Definition
Oxalsäure (auch Ethan-1,2-discarbonsäure genannt) ist eine Dicarbonsäure mit der Summenformel C₂H₂O₄. Sie bildet in Pflanzen wasserlösliche Oxalate (meist mit Kalium oder Natrium) oder schwerlösliche Calciumoxalate. Oxalsäure schmeckt herb-sauer und ist ein sekundärer Pflanzenstoff, der unter anderem eine Schutzfunktion gegen Fraßfeinde übernimmt.
Vorkommen und Zufuhr
Die Zufuhr von Oxalsäure erfolgt hauptsächlich über die Ernährung, insbesondere durch den Verzehr oxalsäurehaltiger Pflanzen. Die Menge variiert stark je nach Lebensmittel: Spinat enthält beispielsweise etwa 600–1200 mg pro 100 g, während Obst wie Äpfel oder Bananen nur geringe Mengen enthalten (ca. 5–20 mg pro 100 g). Die tägliche Aufnahme liegt in westlichen Ernährungsweisen typischerweise zwischen 50 und 200 mg, kann bei einer rein pflanzlichen oder rohköstlichen Ernährung aber deutlich höher sein. Einzeldosen ab etwa 5 g reiner Oxalsäure gelten für den Menschen als toxisch.
Absorption und Stoffwechsel
Im menschlichen Körper wird Oxalsäure überwiegend aus der Nahrung aufgenommen, wobei nur etwa 5–15 % der zugeführten Menge im Darm absorbiert werden. Der Rest wird entweder durch Darmbakterien abgebaut (z. B. durch Oxalobacter formigenes) oder unverdaut ausgeschieden. Im Stoffwechsel kann Oxalsäure mit Calcium zu Calciumoxalat binden, das unlöslich ist und über den Urin ausgeschieden wird. Bei hoher Aufnahme oder gestörter Ausscheidung besteht ein Risiko für die Bildung von Nierensteinen.
Körpereigene Produktion von Oxalsäure
Neben der Aufnahme über die Nahrung entsteht ein Teil der Oxalsäure endogen – also im Stoffwechsel des Körpers selbst. Dieser Anteil kann bei manchen Menschen sogar den Großteil der gesamten Oxalatbelastung ausmachen, insbesondere wenn bestimmte Stoffwechselwege vermehrt aktiviert sind oder genetische Enzymdefekte (z. B. bei primärer Hyperoxalurie) vorliegen. Oxalsäure kann unter anderem gebildet werden durch:
- Abbau der Aminosäure Glycin – besonders bei eiweißreicher Ernährung oder gestörter Glycinverwertung.
- Oxidation von Vitamin C – hohe Dosen (z. B. durch Nahrungsergänzungsmittel) können zu einer vermehrten Umwandlung von Ascorbinsäure zu Oxalat führen.
- Abbau von Hydroxyprolin – einem Bestandteil des Kollagens, das beim verstärkten Knochen- oder Bindegewebsumsatz (z. B. bei Entzündungen oder Wundheilung) vermehrt freigesetzt wird.
- Abbau von Fructose und Glyoxylat – bestimmte Zwischenprodukte aus dem Zuckerstoffwechsel können zu Oxalat umgewandelt werden, vor allem bei insulinresistenter Stoffwechsellage.
Die Bildung von Oxalsäure wird normalerweise durch Enzyme wie Alanin-Glyoxylat-Aminotransferase (AGT) reguliert. Ein Mangel oder eine verminderte Aktivität dieses Enzyms kann zu einer erhöhten endogenen Oxalatbildung führen. Faktoren, die die körpereigene Oxalsäurebildung begünstigen:
- Hohe Zufuhr von Vitamin C (> 1000 mg/Tag)
- Eiweißüberschuss, vor allem aus glycinreichen Quellen
- Alkoholmissbrauch, hohe Fructoseaufnahme
- Bestimmte Leber- und Nierenerkrankungen
- Enzymdefekte (primäre Hyperoxalurie Typ I–III)
Relevanz für Rohköstler: In der rohköstlichen Ernährung, die in der Regel reich an Glycin (aus tierischem Kollagen), Vitamin C (aus Früchten) und Fructose (z. B. aus Trockenfrüchten) sein kann, ist diese endogene Bildung besonders zu beachten – vor allem, wenn gleichzeitig große Mengen oxalsäurereicher Pflanzen verzehrt werden. Eine ausreichende Magnesium- und Vitamin-B6-Versorgung kann den Oxalatstoffwechsel günstig beeinflussen und das Risiko für Ablagerungen senken.
Wirkung auf die Bioverfügbarkeit von Mineralstoffen
Oxalsäure kann Mineralstoffe – insbesondere Calcium, Magnesium, Eisen und Zink – im Verdauungstrakt binden und deren Aufnahme erschweren. Die entstehenden Oxalate sind schlecht löslich und werden meist ausgeschieden. Besonders calciumreiche Lebensmittel wie Sesam oder Grünkohl verlieren in Kombination mit oxalsäurereichen Pflanzen etwas an Verwertbarkeit.
Die Kombination von oxalsäurereichen mit calciumarmen Lebensmitteln (z. B. Spinat + Kakao) führt dagegen kaum zu spürbaren Verlusten, solange der Mineralstoffbedarf über die Gesamternährung gedeckt wird.
Empfehlungen für Rohköstler
Für Rohköstler gilt:
- Oxalsäure ist nicht grundsätzlich schädlich – bei gesunder Niere und abwechslungsreicher Ernährung besteht kein Risiko.
- Stärkere Einschränkungen gelten nur bei nachgewiesener Oxalat-Überempfindlichkeit, Nierensteinbildung oder gestörtem Calciumstoffwechsel.
- Eine gute Versorgung mit Calcium, Magnesium und Vitamin B6 (für den Oxalatstoffwechsel) kann helfen, eventuelle Risiken zu mindern.
- Roh verzehrte oxalsäurereiche Pflanzen (Spinat, Sauerampfer, Rhabarberblätter) sollten in der Menge limitiert und bevorzugt mit calciumreichen Lebensmitteln kombiniert werden.
Oxalsäuregehalt in Lebensmitteln
Lebensmittel | Oxalsäuregehalt (mg/100 g) | Kategorie |
---|---|---|
Spinat | 600–1200 | Hoch |
Rhabarber | 500–1000 | Hoch |
Mangold | 300–900 | Hoch |
Kakao (roh) | 300–600 | Hoch |
Sauerampfer | 500–800 | Hoch |
Rote Bete | 100–200 | Mittel |
Amarantblätter | 100–150 | Mittel |
Petersilie (roh) | 100–200 | Mittel |
Sellerie (Stangen) | 50–150 | Mittel |
Süßkartoffel | 30–80 | Mittel |
Grünkohl | 10–50 | Niedrig |
Brokkoli | 10–30 | Niedrig |
Apfel | 5–20 | Niedrig |
Banane | 5–15 | Niedrig |
Avocado | 5–15 | Niedrig |
Gurke | <5 | Sehr niedrig |
Paprika | <5 | Sehr niedrig |
Zucchini | <5 | Sehr niedrig |
Tomate | <5 | Sehr niedrig |
Salat (Kopfsalat) | <5 | Sehr niedrig |
Pilze (Champignons) | <5 | Sehr niedrig |
→ Siehe auch: Antinährstoffe in der Rohkost, Instinktive Ernährung