Bibernelle, große
Wissenschaftliche Namen: Pimpinella major
Synonyme: Bockspeterlein, Deutsche Theriakwurzel, Pimpinelle, Pfefferwurzel, Steinpeterlein, Stierwurz.
Systematik
- Abteilung: Samenpflanzen Spermatophyta
- Unterabteilung: Bedecktsamer Spermatophytina syn. Angiosperma
- Klasse: Zweikeimblättrige Bedecktsamer Rosopsida syn. Dikotyledona
- Unterklasse: Asternähnliche Asteridae
- Ordnung: Doldenblütlerartige Apiales
- Familie: Doldenblütler Apiaceae
- Unterfamilie: Apioideae
- Gattung: Bibernelle
- Art: Große Bibernelle
Zur Gattung der Bibernellen gehören ca. 150 Arten, sechzehn davon kommen in Europa vor. Dazu gehören:
- Kleine Bibernelle Pimpinella saxifraga: Kennzeichen: Fünfzehn bis fünfzig Zentimeter hoch; Stängel rund, hohl, fein gerillt, verzweigt, oben fast blattlos; Grundblätter mit drei bis sieben Fiederpaaren gefiedert, Fiederblättchen sind sitzend, eiförmig und am Rande gezähnt oder gelappt, die Stängelblätter tragen meiste schmale oder fiederteilige Blättchen, weiße oder rosa Blüten in zehn- bis fünfzehnstrahligen Dolden, Hülle und Hüllchen fehlen.
Vorkommen: Magerrasen auf trockenen Heiden, Kiefernwälder. - Anis Pimpinella anisum
- Schwarze Bibernelle Pimpinella nigra
Beschreibung
- Vorkommen: In ganz Europa, Westasien, bis etwa 2300 Meter.
- Standorte: In Wiesen und lichten Wäldern, Gebüsche; Magerkeitsanzeiger; verbreitet.
- Kennzeichen: Dreißig Zentimeter bis ein Meter hohe, ausdauernde Pflanze; Stängel aufrecht, scharfkantig gefurcht, verzeigt, hohl, beblättert; Blätter unpaarig gefiedert mit ein bis neun Blättchen, eiförmig, breit gesägt, wechselständig; Blüten weiß oder rosa, in Dolden ohne Hüll- und Hüllchenblätter, fünf ausgerandete Kronblätter, Fruchtknoten mit zwei langen Griffeln; Blütezeit: Juni bis Oktober; zwei Früchtchen, eiförmig bis kugelig, etwas runzlig; Wurzel spindelförmig, leicht geringelt.
- Verwechslung: Genauso verwendet wird die Kleine Bibernelle Pimpinella saxifraga. Von dem als Gewürzpflanze kultivierten Anis sind sie an ihren kahlen Früchten und Stängelspitzen zu unterscheiden. Beim Anis sind diese behaart.
Rohkosttipps und Erfahrungen
Sammelgut und Sammelzeit: junge Blätter von April bis Juni; Blüten von Juni bis Oktober; Wurzel von September bis in den Winter; Samen September und Oktober.
Die jungen Blätter der Großen Biberfelle sind essbar und haben ein mild-würziges, leicht anisartiges Aroma – ähnlich wie bei anderen Pimpinella-Arten (z. B. Kleiner Bibernelle). Auch die Wurzel ist essbar, hat aber einen kräftigeren, herben Geschmack.
Lagerung/Haltbarkeit: Frische Blätter sollten bald verarbeitet oder für kurze Zeit gekühlt gelagert werden. Die Wurzel kann nach Ernte im Keller oder sandig gelagert mehrere Wochen halten. Blätter lassen sich auch lufttrocknen und als Würze oder Tee verwenden.
Kultur im eigenen Garten: Vermehrung durch Aussaat im Frühjahr.
Besondere Inhaltsstoffe
Wie viele Doldenblütler enthält Pimpinella major eine Vielzahl ätherischer und sekundärer Inhaltsstoffe mit traditionell geschätzter Wirkung:
- Ätherisches Öl (mit Anethol, Terpenen): Krampflösend, verdauungsfördernd, antibakteriell
- Saponine: Schleimlösend, auswurffördernd, stoffwechselanregend
- Flavonoide (z. B. Apigenin): Antioxidativ, entzündungshemmend
- Cumarine (in Wurzel und Kraut): Blutverdünnend, beruhigend
Wissenswertes
- Namensgebung: Der Gattungsname Pimpinella stammt möglicherweise aus dem Lateinischen („bipenella“ = „zweifache kleine Wurzel“) oder geht auf eine volksetymologische Ableitung aus „biber“ (lat. Trinken) zurück – aufgrund der Anwendung als Heiltee. Der deutsche Name „Biberfelle“ ist eine volkstümliche Umformung des Gattungsnamens. Die Bezeichnung „major“ verweist auf die größere Wuchsform im Vergleich zur „kleinen Bibernelle“ Pimpinella saxifraga.
- Heilkunde: Die Wirkung wird als appetitanregend, auswurffördernd, entzündungshemmend, menstruationsregulierend, die Milchsekretion fördernd, schweißtreibend, sedativ und wundheilend beschrieben.
Weit verbreitet war in Mitteleuropa ihr Ruf als Heilpflanze bei Pest und Cholera. Sebastian Kneipp empfahl die Wurzel gegen Rheumatismus, Gicht und Nierenentzündung. Zubereitungen aus der Wurzel werden bei Erkrankungen der oberen Luftwege zur Hustenlinderung eingesetzt.
In der Homöopathie wird sie bei Nasenbluten, Kopfschmerzen und steifem Nacken angewendet.
- Nutzpflanze: Die Große Biberfelle ist essbar und nützlich in Wildkräuteranlagen, Kräuterspiralen und naturbelassenen Gärten. Als Doldenblütler ist sie eine wertvolle Insektenpflanze, besonders für Wildbienen und Schwebfliegen. In der Permakultur kann sie zur Förderung der Bodenfauna beitragen.
Die jungen Blätter werden als Gewürz verwendet, ähnlich wie die des Kleinen Wiesenknopfs Sanguisorba minor. Dieser wird ebenfalls Bibernelle oder Pimpernelle genannt, was zu Verwechselungen führen kann.
- Mythos/Geschichte: In der Antike und im Mittelalter galt die Bibernelle als magisches Schutzkraut gegen Pest und „schlechte Luft“. Sie war Bestandteil vieler Pestessige und Abwehrmittel. Im deutschen Sprachraum wird folgende Sage erzählt: Zu Pestzeiten erschien ein seltsam aussehender Vogel und rief: "Wiesenpimpernell heilt die Krankheit schnell!" Auch Zwerge, Moosfräulein oder anonyme Stimmen raten reimend zum Gebrauch der Pflanze.
- Magie/Brauchtum: Wenn ein junger Mann einem Mädchen die Bibernellwurzel in die Tasche steckt, dann muss die junge Frau ihm nachlaufen. Bibernelle bei sich getragen schützt vor Betrug und Täuschung. Im Haus wehrt die Pflanze Krankheiten ab und beugt Unfällen vor. Die dem Kraut innewohnenden magischen Kräfte sollen so groß sein, dass es ins Wasser geworfen gegen die Strömung schwimmt.
- Symbolik und spirituelle Deutung: Die Große Biberfelle steht symbolisch für Klarheit, Schutz und Ausdruckskraft. Sie wirkt auf das Kehlchakra – unterstützt stimmliche Ausdrucksfähigkeit, hilft beim „Sich-Zeigen“ und beim Abgrenzen gegenüber äußeren Einflüssen. Ihre tiefreichende Wurzelkraft steht zudem für Erdung und natürliche Standhaftigkeit.